Die Rollenverteilung in einer Band und innerhalb eines Projekts wie diesem ist einerseits sehr genau definiert (Wer spielt welches Instrument? etc), andrerseits oft nicht so klar wie man es sich wünschen würde. In jedem Fall ist es ein eigener Projektbereich, der mitgedacht und mit größter Sorgfalt behandelt werden muss. Abgesehen von logistischen Herausforderungen wie Zeitp- und Ablaufplänen ist das Erspüren und Reagieren auf die Befindlichkeiten so vieler Beteiligter eines Prozess´, eine Sache die langsam entwickelt und erlernt sein mag. Von Probe zu Probe, von Projekt zu Projekt wird mir immer klarer wie wichtig diese Aspekte sind.
Anlässlich einer sechsteiligen Vortragsreihe in meiner Wohnung – den „Brigittenauer Impulsreferaten“ – in der verschiedene Leute so unterschiedlichen Themen wie „Schlagzeugnotation“, „Das Leben Gustav Mahlers“, „Kärntner Nudeln selber kochen“ und „Präpariertes Klavier“ behandelten, habe ich Benedikt Leitner um ein Referat über „Gruppendynamik“ gebeten. Aus seinem Protokoll zitiere ich den Abschnitt über Rollenverteilung und habe viel Spass mir zu überlegen, wie das bei Studio Dan konkret aussieht. Sein letzter Satz gibt mir allerdings Rätsel auf (DR):
„In der Regel kristallisieren sich innerhalb kurzer Zeit in den Gruppen einzelne Positionen heraus, die von einzelnen Gruppenmitglieder eingenommen werden und unterschiedlich ausgefüllt werden (die soziale Rolle kann unterschiedlich gespielt werden), oder von den anderen Gruppenmitgliedern einem Individuum zugesprochen werden. Mit den meisten Rollen identifizieren sich einzelne Gruppenmitglieder bewusst oder unbewusst, zugesprochene Rollen werden von ihm akzeptiert oder aber abgelehnt. Man kann sagen, dass die Rollenübernahme und -zuschreibung sozial ausgehandelt wird.
Beispiele:
* Es gibt immer einen Gruppenführer. Dieser hat die Funktion, die Gruppe zusammenzuhalten, und bestimmt und koordiniert die Gruppenziele. In Gruppen, in denen es keinen offiziellen Gruppenleiter gibt, wetteifern meist der Beliebteste und der Normentreueste („Tüchtigste“) um diese Position (nach George C. Homans sind beide soziale Rollen unvereinbar).
* Wer beliebt ist hat die Funktion, die Gruppe zusammenzuhalten; er wird von allen gemocht und verkörpert die emotionale Seite der Gruppenbedürfnisse. Da er die ‚Strenge‘ der Gruppenmaßstäbe gerade nicht verkörpert, ist er als Gruppenführer meist erfolglos, oder er wird unbeliebter.
* Wer tüchtig ist, verkörpert die normativen Ziele der Gruppe. Damit kann er nicht der Beliebteste sein: „Es recht zu machen jedermann, ist eine Kunst, die keiner kann.“
* Mitläufer orientieren sich am Gruppenleiter.
* Der Opponent hat eine besondere Beziehung zum Gruppenführer und hat als starkes Mitglied ebenfalls Leitungsqualitäten, ist jedoch nicht zum Führer gemacht worden und macht diesem (un)bewusst seine Position streitig. Der Opponent ist oft auch dafür verantwortlich, dass soziale Konflikte akut werden. Die dabei entstehenden Aggressionen richten sich nicht selten gegen schwächere Mitglieder. Im Kleinen spielt er die Rolle der „Gegenelite“ .
* Der ‚Opportunist‘
* Der Sündenbock ist allgemein das schwächste Gruppenmitglied, und er wird verantwortlich gemacht, wenn die Gruppe ein Ziel nicht erreicht hat und die Nennung der genauen Ursache dessen einer sozialen Zensur unterliegt.
* Der Außenseiter nimmt ggf. durchaus eine Position in der Gruppe ein, er kann eine Beraterfunktion übernehmen, aber auch der Kasperl…..
Eine noch einfachere Darstellung:
* Alpha-Position: diese kennzeichnet den Führer, d.h. denjenigen, der die Bedürfnisse der Gruppe, am besten erkennt und danach handeln kann. (möglich Alpha 1-der Beliebteste u. Alpha 2-der Tüchtigste)
* Gamma-Position: kennzeichnet die Mitläufer, die Anhänger von Alpha. Aus ihnen ist der Alpha-Typ herausgewachsen und nun gibt es eine starke Identifikation mit allen positiven Eigenschaften von Alpha.
* Omega-Position: so wie alle positiven Projektionen von Macht, Stärke und Beliebtheit auf die Alpha-Position gerichtet werden, so fängt sich die Omega-Position alle negativen Projektionen. Das ist der Prügelknabe, der Sündenbock, der Außenseiter, dessen Fehler schon feststeht, bevor er überhaupt mit einer Handlung angesetzt hat.
* Beta-Position: kennzeichnet den Fachmann, den Spezialisten. Er hat eine Sonderstellung in der Gruppe, ist in den emotionalen Kreislauf nicht so stark eingebunden und hat gegenüber der Gruppe eine neutrale Stellung. Er versteht sich meist mit Alpha gut. Falls er fachlich nicht so gut ist, lässt in Alpha aber fallen. Er kann auch zur Konkurrenz zu Alpha werden.
Was ich doch immer wieder finden kann und wovon ich inzwischen fest überzeugt bin, ist die Tatsache, dass in einer gut funktionierenden Gruppe diese Positionen NICHT starr bleiben, sondern wechseln können. Die Führerschaft wird je nach Situation weitergegeben. Wie man diese Flexibilität in einer Gruppe erreicht oder erhalten kann, ist mir leider nicht so klar, vermutlich kann ein Trainer verhärtete Strukturen relativ leicht aufbrechen oder aufzeigen. Aber darüber könnte ich ev. ein anderes Mal sprechen……“ (Benedikt Leitner)
Benedikt Leitner – welche Rolle nimmt er ein?
Er legt wert darauf zu erwähnen, dass obige Erkenntnisse aus verschiedenen Büchern zusammengesucht sind und dies nicht seiner eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit entsprungen ist. Er möchte ja auch keine Schwierigkeiten mit dem Urheberrecht bekommen.